Dariusz Kowalski
Video, Split Screen, 8 Min, 2023. Drohnen: Martin Putz
1973 – also vor 50Jahren – schnallte sich VALIE EXPORT zwei Super-8 Kameras an ihren Körper, sie filmte zunächst in einer Wohnung, dann auf der Straße, und schließlich in einer offenen Landschaft. Eine Kamera zeigte das Bild hinter ihrem Rücken, die zweite richtete sich nach vorne. Dazwischen und im Mittelpunkt dieser Apparatur stand der Körper der Künstlerin, der Körper als Membran oder blinder Fleck des Aufnahmeprozesses. Körperkino im Sinne des Expanded Cinema. Der Film zeigte
Dariusz Kowalski
nicht nur die Erkundung der Umgebung, sondern richtete gleichzeitig den Fokus auf das filmische Dispositiv, in dem Raum und Körper oder Körper und Film in ein Kontinuum verschränkt wurden. In meiner Arbeit habe ich – in Anlehnung an VALIE EXPORT – die zwei Super-8 Kameras durch Drohnen ersetzt und mich auf Umgebungserkundung ins östliche Waldviertel begeben. Hier, wo einst nur 800 Meter von den ersten österreichischen Behausungen entfernt, die Linie des „Eisernen Vorhangs“ verlief, blieb die Landschaft seltsam unberührt – ein Relikt aus der Zeit der strengen Grenzüberwachung mit Stacheldraht, Soldaten und Schäferhunden. Hier wurde Sand hinter dem Stacheldraht ausgestreut, um Spuren von Flüchtlingen leichter zu spotten. „Tschechen waren für uns wie Außerirdische! Sogar das Winken über den Zaun war verboten“, erzählte mir ein Zeitzeuge bei einer flüchtigen Begegnung an einer Waldlichtung, wo heute mitten in der Thaya die österreichisch-tschechische Grenze verläuft. „C“ und „Ö“ auf den Grenzsteinen stehen lapidar für „Česko“ und „Österreich“, heute ein brauchbarer Navigationstipp für den Fahrrad-Tourismus auf dem Iron Curtain Trail. In meiner Arbeit vermessen Drohnen – selbst Geräte, die mit Beginn des Kalten Krieges militärische Aufgaben übernahmen – eine unscheinbare und menschenleere Landschaft mitten im Niemandsland. Trampelpfade, Waldwege, eine Waldlichtung mit einem Hochstand und die Thaya, die sich um eine Felsenwand schlängelt, alles Elemente einer Landschaft. Die Drohnen fliegen entlang der aus Google Maps entnommenen Grenzlinien; und statt in der vorgegebenen Grenzziehung eine schöne Landschaft aufzuzeichnen, begegnen sie sich zunehmend selbst.