Le Partage (Des Voix)
von Isabella Bordoni
Videoinstallation (Projektion auf Leinwand, Textprojektion auf Boden, Stereoton [I, 2009]
Isabella Bordonis Untersuchung befindet sich in den Grenzbereichen von Video und Poesie. Gelebte, erfahrene Poesie, die stattfindet, die sich in den Orten verwurzelt mit der Sorgfalt und der Geduld mit der man eine Pflanze pflanzt. Und die Performance, präsentiert zur Vernissage der Ausstellung, Le Partage (des voix), kuratiert von Matteo Lucchetti, mit dem die Künstlerin bereits in san Giuliano (Pisa) anlässlich von ‚The Power of the Artist‘ zusammengearbeitet hat.
Die Teilung, die Unterteilung der Stimme in einem Irrgarten aus verfliessenden poetischen Fragmenten. Im Fliessen geben sie dem Erzählgang einen Rhytmus der eher der kreativen Spannung geschuldet ist, mehr der Notwendigkeit zu schreiben, als der Absicht der linearen Abfolge irgendeiner Erzählung zu folgen.
Wohl weil diese Episode sich ideal in der Mise en Espace „Contro la Purezza“ (Gegen die Reinheit) einordnet, welche zwischen Italien und Österreich 2009-2010 realisiert wird – indem die Performance und die Installation, die im Lauf der Zeit geniessbar wird, sich auf eine wohlüberlegte Operation aus Found Footage stützen, wo Worte, klänge, Blicke und Visionen minimale Einheiten einer einzigen kompositorischen Textur bilden. Immer, konstant, manchmal erduldet, ist da die Reflexion der Dichterin, die in der Weise der Mitteilung der Lyrik entlanggeht. Daraus entsteht ein geschriebenes, gesprochenes, ausgedrücktes Wort, wo die Poesie zur ‚Guten Mühe‘ wird, ein Gebiet der Auseinandersetzung und künstlerischen Arbeit, die über die gedruckt Seite hinaus weist.
Andere Stimmen reihen sich ein, Orte der Mitpräsenz, ein einziges Gekreisch deklamierend, oder einfach das reproduzierte Pfeifen der Geschichte, das ihr Leiden festhält und wiederhallen lässt. Da ist er Flug einer Möwe, der durch das Video hindurch sich ins Blickfeld zurückruft, und die Dimension des Blickes, den Akt des Sehens zuückverfolgt. Da ist Raum für die Erinnerungen der Hanna Arendt, die als Journalistin den ersten Prozess im Staat Israel gegen einen Naziverbrecher (Adolf Eichmann) mitverfolgte. Die Aufmerksamkeit folgt dem Weg, der die deutsche Philosophin dazu führte, von der „Banalität des Bösen“ zu sprechen. Da ist Raum für die Worte von Søren Kierkegaard, die ein Zeichen setzen und sich doch mit Leichtigkeit in den Werkfluss mischen. Andererseits: “Nous existons dans le partage des voix, c’est ce partage qui fait de nous ce que nous sommes” (Jean-Luc Nancy)
Isabella Bordoni verhehlt nicht, eine Einzigartigkeit zu verfolgen, die die menschliche Essenz betrifft, statt die Verwirklichung von Individuen. Daher arbeitet dieses Projekt auf zwei Ebenen: Die Persistenz des Tragischen in der heutigen Zeit und der Konsens der Geschichte. Ihre neueste Produktion fügt sich in „IB_projects for the arts“ ein, eine nomadisierende Plattform der Forschung in der Beziehung von Künsten, Orten und Medien, mit einer konstanten und beweglichen Reflexion der Konzepte und Praktiken der poetischen Bürgerschaft.
Lorenzo Mazza: Le partage (des voix): videoperformance di Isabella Bordoni alla Casa del Pane, aus dem Italienischen von Norbert Math.